27. April 2006

Alle meine Brüder (I)

Meine Brüder sehe ich kraft geographischer Distanz leider zu selten. Heute möchte ich einmal etwas über meinen "kleinen" Bruder erzählen, der einst zeitgleich mit mir als "snitramk" hier zu bloggen anfing, es dann jedoch fix wieder sein ließ, weil er keinen Bock hatte, sich von Krethi und Plethi beim Schreiben seiner Romane über die Autorenschulter gucken zu lassen.

Ja, richtig gelesen, dieser Bruder ist nicht nur ein sehr unzuverlässiger Blogger, sondern auch ein höchst erfolgreicher Autor schöner Bücher. Diese handeln oft im Medizinermillieu und sind äußerst spannend. Ich jedenfalls habe bislang jedes Manuskript durchgeflext wie nix und freue mich auf alles, was da noch kommen mag.

Da ich die südländische Tradition des engen Familienzusammenhalts immer schon groß geschrieben habe, fühle ich mich stets schwesterlich verpflichtet, groß die Werbetrommel zu rühren, wenn mein Bruder einmal wieder ein neues Oeuvre veröffentlicht. Meine Freunde und Kollegen sowie sämtliche näheren und entfernten Verwandten, kurz – jeder, der eine E-Mail-Adresse besitzt – kennen schon die halbjährlich erscheinenden Mails, die das jeweilige Buch so subtil und dezent anpreisen wie ein Hamburger Fischmarktbrüller seine Makrelen.

Und auch "unterjährig", wenn gerade mal keine Neuveröffentlichung ansteht, wird jedem, der mir in die Quere kommt und nur annähernd etwas mit Medizin zu tun hat, der Erwerb eines der brüderlichen Medizin-Thriller wärmstens ans Herz gelegt. Das letzte Opfer war ein sichtlich angetrunkener Krankenpfleger, der mir während des Karnevals mit einer enormen Afroperücke zu nächtlicher Stunde in der Bahn gegenüber saß. Mit letzter Kraft konnte ich noch den Namen meines Bruders auf einen Bierdeckel kritzeln und hoffe bis heute, dass ich diesen Jimi-Hendrix-Verschnitt zum Kauf überreden konnte.

Nun steht eine ganz besondere Premiere an: Erstmals wird der Bruder ein Werk veröffentlichen, das außerhalb des Krankenhauses spielt. Und zwar eine ziemlich verrückte Mischung aus Satire, Thriller und Science Fiction: Im Mai erscheint Superhertha. Ich garantiere allerhöchste Unterhaltung!!

Was ich meinem Bruder wohl allerdings niemals werde verzeihen können, ist die Tatsache, dass er mir völlig verschwiegen hat, dass er auf einer Lesung in Ostfriesland Pumuckl kennen gelernt hat. Ja nicht nur das, er saß mit Pumuckl gemeinsam auf einer Bühne und hat sich sogar mit ihm ablichten lassen (s.u.).

(v.l.n.r.: Brillenmann, Frau mit Lätzchen, Bruder, Pumuckl)


Und das, wo ich doch SO gern ein Autogramm gehabt hätte vom Idol meiner Kinderzeit. Menno!

18. April 2006

Rübe und ich

Was für eine wunderbare Idee! Dank eines Surftipps vom Ferdl bin ich soeben Patin des Wortes "Rübe" geworden. Nur die fünf Euro Patenschaftsgebühr muss ich noch latzen.

Was es damit auf sich hat? Der Verein Deutsche Sprache braucht mal wieder Geld und verkauft Wort-Patenschaften. Die Idee, die dahinter steckt, ist die folgende (Zitat):

Alle zwei Wochen stirbt eine von 6000 Sprachen weltweit. Auch in Deutschland veröden ganze Wortlandschaften. Mäßiges Englisch und krudes Denglisch überall. Erste Ursache: Die weltweite Amerikanisierung über Internet und Massenmedien. Zweite Ursache: Unsere Nachlässigkeit. Wir achten nicht genug auf die Sprache, die wir alltäglich sprechen; wir achten sie nicht. Der enge Zusammenhang zwischen Sprache, Geist und Kultur - auch Wirtschaft und Wohlstand - ist uns nicht bewußt. Auf dieser Erkenntnis fußt die Idee der Wortpatenschaft: mit einem lachenden und einem weinenden Auge...

(Zitat Ende)

Nun, das weinende Auge lässt bei mir wohl noch ein wenig auf sich warten, denn ich jauchze ununterbrochen ob der Tatsache, dass "Rübe", welches auf meiner persönlichen Liste schöner Wörter wirklich ganz weit oben ranigert, noch frei war. Aber wie komme ich nur zu diesem Glück?

Natürlich wollte ich für meinen Papa "Katze" reservieren, aber das hat sich ein gewisser Berliner Jürgen bereits gekrallt. Frei wären noch allerlei katzenähnliche, aber völlig unbrauchbare Wörter wie "Katzenbalsam", oder "katzendick". Hää? Was zur Hölle soll denn das sein? Das sieht mir doch mal wieder nach Geldmacherei aus.

Sicher saß da ein Marketingfuzzi des Vereins Deutsche Sprache (der während seines Germanistik-Magisterstudiums ein Praktikum im Produktmanagement bei der Privat-Fleischerei Reinert absolviert hatte) vorm vergreisten Vorstand und bellte: "Ha! Ich weiß, wie wir die Wortpatenschaft-Aktion zu einem Goldesel machen! Wir verschachern einfach Wörter, die es gar nicht gibt. Zum Beispiel 'Joghurttelefon', 'Kritzkratz' oder 'Fwrtkjs'. Oder wie wär's mit 'katzendick'. Irgendein Depp kauft's bestimmt!"


Und weil allen Vorstandsmitgliedern ausgerechnet an diesem Tag die Hörgeräte ausgefallen waren, wagten sie nicht zu protestieren und nickten nur stumm und zustimmend. Und nun kann man Wörter bepaten wie z.B.:

- Naturganze

- Damlein

- Ehrkauf

- Hingirren

- Mordgott oder

- Formund.

Wer sich aber wiederum gefreut hat, Pate für die Wörter Rübenrüsselkäfer oder Runkelfliege zu werden, den muss ich leider enttäuschen. Denn obwohl die beiden (Rübenrüsselkäfer, der = Bothynoderes punctiventris, Runkelfliege, die = Anthomyia conformis) bekanntermaßen zu den
fiesesten Rübenschädlingen gehören, sind die wiederum nicht als Objekte für Wortpatenschaften gelistet.

Na prima, Verein Deutsche Sprache. Da bin ich ja mal richtig froh, dass ich mir noch Rübe ergattern konnte. Vielleicht sollte ich zum Dank eine E-Mail schreiben.
Ach nein, das geht nicht. Auf den Seiten des Vereins gibt es nur die Möglichkeit zum Hinterlassen einer "E-Post".

Das hätte sich doch denken können:

Tinifeliz


mit dem frischgeschlüpften Patenkind Rübe

7. April 2006

Rhenish

LEO sagt, "Rheinisch" hieße auf Englisch "Rhenish", wobei ich mich frage, ob dieser Besserwisser nicht einfach nur zwei Buchstaben verschluckt hat, um nicht preiszugeben, dass er in Wirklichkeit gar nicht weiß, was "Rheinisch" auf Englisch heißt. Eigentlich ist es mir aber auch völlig egal, was Rheinisch auf Englisch heißt, denn heute will ich mich viel lieber mit dem rheinischen Rheinisch befassen.

Ganz bestimmt will ich nicht in fiesester Bastian-Sick-Manier dialektbezogene Feinheiten aufs Korn bzw. die spitze Feder nehmen und dabei so renitent Haare spalten, dass es selbst den oberlehrerhaftesten Oberlehrer nervt. Aber mich einmal über eine ganz bestimmte sprachliche Eigenheit der Landsleute meiner Wahlheimat lustig machen, das möchte ich schon.

Woher, meine Lieben, kommt es, dass die Rheinländer nicht in der Lage sind, ein vernünftiges "ch" - ein weiches, so wie das in "Mädchen" - über die Lippen zu bringen? Wieso gibt es kein "Ich", sondern nur ein "Isch"? Nur "Sischerheit" anstelle von "Sicherheit"? Und - die Krönung - "Wischtisch" statt "Wichtig"?

Sicher gibt es - wie für die meisten Merkwürdigkeiten - auch hierfür eine althergebrachte Legende, die dieses sprachliche Fehlverhalten begründet. Man müsste nur einmal einen Heimatforscher fragen: Vielleicht waren es die Heinzelmännchen, die den Kölnern einst das "ch" gestohlen, aus Wut über die schmähliche Nachstellung durch des Schneiders Weib!?
Oder aber es hat - wie auch sonst ja vieles - mit dem Dom zu tun. Oder der heiligen Ursula und den elftausend Jungfrauen. Ist ja letztlich auch irrelevant, was wir aber tagtäglich zu hören bekommen, ist eben bis heute die völlige Absenz des weichen "ch".

Diese wird dann besonders interessant, wenn sie absonderliche Blüten trägt. Das in einem dahingehauchte "Ischliebedisch" ist in dieser Hinsicht ja schon ein Klassiker. Das in einem höchst abschreckenden Videobeitrag über Köln-Ossendorf desöfteren geäußerte "Verpiss Disch" eher unschön.

Für mich persönlich ungeschlagen und auf ewig auf Nummer Eins jedoch ist ein Satz, den ich neulich im Fitness-Studio hörte, als ich der folgenden Begebenheit beiwohnen durfte:
Der Trainer des Step-Kurses schleppte eine Step-Stufe, eine Wasserflasche UND vier Step-Unterteile quer durch den Raum. Ein Kursteilnehmer fragte ihn: "Schaffst Du's, ist das nicht zu viel zu tragen?"
Auf diese Frage antwortete der Trainer mit jenem Satz, der sich sofort an die Spitze meiner persönlichen TopTen der Isch-kann-kein-"ch"-Sätze katapultiert hat:
"Ach was. Isch bin Multitasking!"

Ich hoffe, ich muss mich hierzu nicht weitergehend äußern und nicht näher kommentieren, dass neben der Aussprache auch eine genaue Definition von Multitasking sowie die Tatsache zu hinterfragen wäre, inwieweit man Multitasking sein kann. Amüsiert habe ich mich jedenfalls köstlich, allerdings war ich damit in diesem Moment ziemlich allein...